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Futures Literacy

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FUTURESLITERACY

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Porträt eines Mannes in einer Filmbrille mit einer Zigarette im Mund, der einen Film sieht

Foto von A. Abbas / Magnum Photos / Agentur Photos

Zukunftserzählungen lesen und schreiben

Eine Sache muss man über die Zukunft wissen: Wir werden sie immer erst dann kennen, wenn sie keine Zukunft mehr ist, sondern schon Gegenwart. Auch wenn wir uns alle Mühe geben, möglichst genau vorauszusehen, zu planen und zu kontrollieren, Zukunft bleibt immer auch ungewiss. Dieser Befund kann verunsichernd wirken. Gleichzeitig bieten unerwartete Entwicklungen und bislang nicht bekannte Phänomene ein Reservoir unerprobter Lösungen.

Der Raum möglicher Zukünfte ist größer, als es uns oft im ersten Moment scheint.

Deshalb lohnt es sich, eingeschleifte Denkmuster und dominante Paradigmen genau als solche zu entdecken und zu reflektieren.

Die gemeinsame Idee in den Köpfen der Gesellschaft, die großen, unausgesprochenen Annahmen – unausgesprochen, weil es nicht notwendig ist, sie zu auszusprechen; jeder kennt sie bereits – sie bilden das Paradigma der Gesellschaft, oder die tiefsten Überzeugungen darüber, wie die Welt funktioniert.

Donella Meadows

Krisen werden dann mit einem Gefühl der Handlungsunfähigkeit verbunden, wenn Lösungsvorschläge und die sie begleitenden Erzählungen nicht (mehr) überzeugen. Um neue Handlungsoptionen sehen zu können, stehen am Beginn eines erfolgreichen gesellschaftlichen Innovationsprozesses daher vor allem die richtigen Fragen:

Warum ist es so und wie könnte es in der Zukunft anders sein?

Futures Literacy, so formuliert es die UNESCO, zielt demnach auf die Suche nach „verborgenen, unhinterfragten und manchmal fehlerhaften Annahmen über gegenwärtige und vergangene Systeme“ und wie diese unsere Vorstellungen und Planungen der Zukunft beeinflussen.

Ein Teil des Ziels, unsere Messsysteme zu überdenken, besteht darin, einen nationalen und globalen Dialog zu generieren über die Fragen: worauf wir Wert legen; ob das, wonach wir streben, zur Verwirklichung dessen beiträgt, worauf wir Wert legen; und ob sich dies in unseren Metriken widerspiegelt.

Joseph E. Stiglitz

Zukunftsgestaltung in die Hand nehmen

Die Fähigkeit zur Imagination ist uns genauso angeboren wie die Fähigkeit, unseren Vorstellungen durch Sprache, Kunst, Handwerk, Technologie, Architektur und Wissenschaft Ausdruck zu verleihen. Und so, wie wir Lesen und Schreiben lernen können, können wir lernen, Muster vergangener Entwicklungen zu erkennen und Perspektiven zu wechseln:

Welche Wissensbestände, Grundannahmen und Lösungswege helfen uns, wünschenswerte Zukünfte wahrscheinlicher zu machen?

Futures Literacy ist die Fähigkeit, die es den Menschen ermöglicht, die Rolle der Zukunft in dem, was sie sehen und tun, besser zu verstehen. Zukunftskompetent zu sein stärkt die Vorstellungskraft und fördert unsere Fähigkeit, sich auf eintretende Veränderungen vorzubereiten, sich von ihnen zu erholen und Neues zu erfinden.

UNESCO

Futures Literacy ist damit ein Werkzeug, um erfolgversprechende Verbindungen zwischen Loslassen und Neuschaffen zu finden. Wie ein Frühwarnsystem können wir unsere Fähigkeit zur Antizipation, Reflexion und Imagination einsetzen: Wann drohen gute Lösungen in einer bestimmten Situation zu Problemtreibern in anderen Kontexten zu werden? Wie wird eine Diversität von Handlungsoptionen erhalten und wann gilt es, das Mögliche neu zu definieren und Geschichten anders zu erzählen?

Diese wirksamkeitsorientierte Fähigkeit können wir auf individueller Ebene einsetzen, um mit persönlichen Ängsten und Krisen umzugehen. Auf organisationaler Ebene können Werte und Ziele durch Innovationen der Prozesse und Geschäftsmodelle erhalten werden. Gesamtgesellschaftlich entstehen ritualisierte Räume für den Abgleich zwischen erhofften Entwicklungen und realen Effekten politischer Entscheidungen.

Auf jeder Ebene wird so mit den entstehenden Möglichkeitsräumen auch Resilienz gestärkt: Krisen kann dann mit Erneuerungen begegnet werden.

Theorie und Praxis: Wer forscht und arbeitet dazu?

Quellen

Futures Literacy

Göpel, Maja. 2016. The Great Mindshift: How a New Economic Paradigm and Sustainability Transformations Go Hand in Hand. Berlin: Springer International Publishing

Göpel, Maja. 2020. Unsere Welt neu denken. Ullstein Verlag

ISSC und UNESCO. 2013. World Social Science Report 2013, Changing Global Environments. Paris: OECD Publishing and UNESCO Publishing

Meadows, Donella. 2019. Leverage Points: Places to Intervene in a System. Hartland, Vermont: The Sustainability Institute

Miller, Riel. 2018. Transforming the future: Anticipation in the 21st century. Taylor & Francis

Scholz, Roland. 2011. Environmental literacy in science and society. From knowledge to decisions. New York: Cambridge University Press

Schneidewind, Uwe. 2013. Transformative Literacy. Gesellschaftliche Veränderungsprozesse verstehen und gestalten. GAIA, 22(2), 82-86

Schneidewind, Uwe. 2019. Die große Transformation. Eine Einführung in die Kunst des gesellschaftlichen Wandels. Frankfurt a.M.: Fischer-Verlag

Stiglitz, Joseph E. 2010. From Measuring Production to Measuring Well‐being. Presentation to Australian Productivity Commission, Melbourne, 29. Juli